5. Juli 2022 / #SDNue / Stefan Wacker

Social Design = Design for Social Innovation

Credit: Two Points Net

Credit: Two Points Net

Design nutzen, um soziale Veränderungen voranzutreiben – das ist die Praxis bei Organisationen wie der UN, den Regierungen in UK, Finnland, Taiwan, Frankreich, Brasilien, Israel, Unternehmen wie der Australia Post und vielen anderen mehr. Mit „Design for Social Innovation“ liegt jetzt die mehrjährige methodische Dokumentation dieser Aktivitäten vor, die in vielerlei Hinsicht auch Inspirationen für die Ausrichtung und Zielsetzung von #SDNue beinhaltet. Der Untertitel „Case Studies from Around the World“ zeigt, welche Bedeutung dabei Social Design zugemessen wird, und verdeutlicht gleichzeitig den Anspruch dieser Studie: „This book marks the first attempt to define the contours of a global overview that showcases the cultural, economic, and organizational levers propelling design for social innovation forward today.”

Die Entstehung des Buchs als Design Prozess

Die Case Studies bringen die Hintergründe und Perspektiven aus sechs Kontinenten, aus den verschiedensten Branchen und mit ganz unterschiedlichen Beteiligten und Auftraggebern zusammen. Die Umwandlung von ungenutzten Räumen in Community Hubs in Beijing, die Open-Ended Learning Spaces der Katholischen Universität in Chile, die Civic Tech Community in Taiwan oder Finanzwissen für ecuadorianische Micro-Entepreneure … dies sind nur einige Beispiele aus den insgesamt 45 Unternehmungen, die im Buch vorgestellt werden.

Interessant ist es zu sehen, wie die Autor:innen Mariana Amatullo (Associate Professor of Strategic Design and Management, Parsons School of Design), Bryan Boyer (Co-Founder, Architecture and Strategic Design Studio Dash Marshall), Jennifer May (Executive Director for Designmatters, ArtCenter College of Design) und Andrew Shea (Founder and Creative Director, MANY Design) bei der Entwicklung des Themas damit selbst konsequent Design Prinzipien anwenden. Vom explorativen Research zur Erkennung von Mustern bis zur Vertiefung spezifischer Fragestellungen.

Denn aus den Case Studies haben die Autoren sieben thematische Schwerpunkte abgeleitet, die sich in allen Projekten wiederfanden und die wichtige Ansatzpunkte bieten, um die Gestaltung gesellschaftlicher Innovationen wirksamer und erfolgreicher zu machen.

Diese thematischen Schwerpunkte wurden dann in sieben internationalen Roundtables diskutiert. Die Roundtables und ihre Ergebnisse sind ebenfalls in diesem Buch dokumentiert.

DSI - Thematic Veins

DSI – Thematic Veins

Sieben Schwerpunkte – sieben Inspirationen

Ein jeder dieser Schwerpunkte birgt tatsächlich neue Inspirationen für die Gestaltung von Design-Aufgaben, wobei natürlich die gesellschaftlichen Herausforderungen im Rahmen des Social Designs zu den komplexesten gehören. Doch fast alle Ausführungen lassen sich auch auf die Arbeit im Unternehmenskontext übertragen. Beispielsweise der Einfluss von Macht auf den Lösungsprozess, der natürlich im gesellschaftlichen oder gar globalen Kontext eine entscheidende Rolle spielt, aber in jeder Organisation oder sogar in jedem Team genauso. Kollaboration und Partnerschaften sind weitere Schwerpunkte. Designer:innen als diejenigen, die eine gemeinsame Sprache schaffen und Zusammenarbeit initiieren und organisieren können – auch hier werden die Parallelen zu anderem Kontext schnell sichtbar.

Gleiches gilt für den Fokus auf „Measuring Impact“. Diese Wirksamkeit nachzuweisen ist im Bereich der Social Innovation sicher noch anspruchsvoller, und doch scheint es eine generelle Herausforderung im Design-Kontext zu sein. Ergänzend dann noch der Aspekt Wachstum, denn für alle Innovationen gilt, dass erst eine Verbreitung und eine Vervielfachung zur gewünschten Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit führen.

Zu all diesen Schwerpunkten bietet „Design for Social Innovation“ eine methodische Aufbereitung und Auszüge aus dem Experten-Diskurs an den Roundtables.

DSI Projects

DSI Projects

Zwei Beispiele aus Europa

Zum Abschluss noch zwei konkrete Beispiele – bewusst aus dem europäischen Raum gewählt, um die Relevanz von Social Design auch in unserem System und Kulturkreis zu zeigen.

Zum einen ist da der Kamu Chatbot vom Inland Design für die finnische Immigrationsbehörde. Einfache Anfragen werden automatisiert, um für die schwierigeren Fälle mehr Zeit und Personal zu haben und damit den Immigrationsprozess zu verbessern. Interessant die Vision eines nationalen Netzwerks von Chatbots. Was wäre dann in unserem Land zum Beispiel auf kommunaler Ebene denkbar?

Zum anderen die Vision von nachbarschaftlicher Partizipation von „Every One Every Day“ in London. Die Hypothese dahinter: Was wäre wenn jede und jeder der 220.000 Stadtteil-Bewohner sich an jedem einzelnen Tag an einer Aktivität gegenseitiger Hilfe und Unterstützung beteiligen würde? Die Aktivitäten werden dabei nicht vorgegeben, sondern der Rahmen und die Infrastruktur geschaffen, um diese Partizipation anzustoßen und zu ermöglichen. Ein kleiner Schritt für die einzelnen vervielfältigt sich zur Veränderung eines gesamten Viertels. Klingt das so abwegig?

Diese wie auch die anderen 43 Beispiele machen Mut und Hoffnung auf das, was Design für Social Innovation bewirken kann. Und doch gilt, wie die Einleitung zu diesem Buch endet: „it feels as if we’ve only just reached the end of the beginning.“

 

Mehr Informationen finden sich hier auf dsibook.com.